Dank St. Willibrord wurde dieser keltische Hinkelstein zu einem Pilgerziel, kurz vor Luxemburg. Das Fraubillenkreuz.
Es wurde meine letzte große Strecke in Deutschland, bevor es über Schengen nach Lothringen gehen soll. Meine letzten 236 Kilometer auf meinem Jakobsweg von Berlin nach Santiago de Compostela begannen in Weilerswist in der Kölner Bucht. Auf der „Via Coloniensis“ wanderte ich durch die Eifel bis Trier, mit einem kurzen „Echternacher Sprung“ nach Luxemburg. Wie erhofft, habe ich in Corona-Zeiten den Kopf frei bekommen. Der Camino war relativ einsam, mit einer ausbaufähigen Pilgerinfrastruktur, aber vielen positiven Überraschungen. Viele katholische Gemeinden sind sehr gut auf Jakobspilger eingerichtet. Genau wie ich es geahnt habe, traf ich keine Mitpilgerinnen oder -pilger. Lag es an Corona, oder an einem abnehmendem Hype? Immerhin folgte mir ein Pärchen einen Tag hinter mir. Seit Berlin war es noch viel Stückwerk, mit vielen positiven Überraschungen. Wie erwartet wurde es landschaftlich und konfessionell eine ähnliche Strecke wie im Sauerland und im Hochstift Paderborn. Aber als Westfale genoss ich die spürbar menschliche Offenheit mit der einnehmenden rheinischen und moselfränkischen Mundart. Irgendwann habe ich auch die Kölsch/Bitburger-Grenze überschritten und am Schluss natürlich die Weinbaugrenze. Römerreste begleiteten mich ohnehin schon seit Köln, fulminant kulminierend in der alten Kaiserstadt Trier. Wieder eine Premiere: ich werde eine unbekannte Landschaft und neues Weltkulturerbe in der Region kennen lernen. Mit Echternach und Trier warten auf mich die ältesten Städte Luxemburgs und Deutschlands. Spirituell dürfte es in vielen Messen und Kirchen, aber ganz besonders in der Natur werden. Helden am Wege gab es aber auch in der Eifel und vor allem in Luxemburg. Wunderbar!
Meine Wege von Weilerswist nach Trier auf Komoot. Meine Etappen von Berlin nach Weilerswist. Meine letzte Etappe in die Kölner Bucht. Die wichtigsten Orte auf dem Weg (mit Übernachtung): Euskirchen (Haus Maria Rast) – Bad Münstereifel – Blankenheim (Pfarrhaus St. Mariä Himmelfahrt) – Kronenburg (Haus am Burgturm) – Prüm (Jugendherberge) – Waxweiler (Gemeinde Dechant-Faber-Haus) – Neuerburg – Mettendorf (Hotel Kickert) – Ferschweiler Plateau – Echternach (Paroisse Saint Willibrord) – Welschbillig – Beßlich (Zum Wiesengrund) Trier. Pilgerstempel
Nach Maria Rast!
25. Juli 2020 | Meine Tour-Eifel begann natürlich dort, wo keine Eifel ist, in der Kölner Bucht.
Bei meiner letzten Tour habe ich das Heilige Köln noch möglichst weit hinter mir lassen wollen und so landete ich, immer an der römischen Wasserleitung lang, in Weilerswist. Schon 2019 wäre ich fast im Villeforst „verdurstet“, so heiß und ohne Wasserstelle war es. Und ich hatte damals den Fehler gemacht, unbedingt den Zug zu erwischen, so dass ich selbst den Pilgerstempel von
St. Mauritius in der Eile nicht fand. Aber diesmal habe ich es geschafft. Direkt am Pfarrhaus hinter der Kirche versteckt konnte ich mich selbst bestempeln. In der Kirche selbst dachte ich noch an die aktuelle Mohrenstraßendiskussion in Berlin. Hier wurde mir mal wieder klar, dass der „Mohr“ Mauritius alles andere als ein koloniales Opfer war. Er war schlicht ein anerkannter Heiliger, vor allem im Rheinland. Mit Stempel „in de Täsch“ konnte es nach Südwesten losgehen. Alles schön flach immer an der Erft lang. Der Abstecher nach Vernich war stempeltechnisch unnötig, denn es gab keinen, aber die kölsche Mischung aus bürgerlicher Bäuerlichkeit und Gewerbe im 19. Jahrhundert wurde hier deutlich, bevor es in das augenscheinlich eher arme Euskirchen ging. Mein Jakobsweg wurde hinter der unsichtbaren Burg Kessenich von einem in diesen Zeiten typischen Coronafreizeitpark blockiert, so dass ich durch die Wohngebiete in die noch von Kriegszerstörung und Arbeitervierteln geprägte Innenstadt kam. Vor Euskirchen fand ich einen freundlichen Hinweis auf eine
„Neue Pilgerherberge“ im Pfarrzentrum. Ich brauchte keine Herberge, sondern nur den geliebten Stempel und so rief ich unter +49-152-21498142 den aktuellen Betreuer, Herrn Breuer an, der extra mit einem mobilen Stempelservice zu
St. Martin fuhr, um mir die begehrte „Pilgerabfertigung“ zu ermöglichen. Ich hatte mir den Weg nach Blankenheim gut einteilen müssen, was hieß, dass ich am ersten Tag Strecke machen wollte. Zudem war es zu verlockend, die erste Nacht in einem von Schwestern verwalteten Bildungshaus zu verbringen. Aber zunächst ging es noch durch die ersten Hügel der Voreifel. Stotzheim brachte mich auf den wahren kölschen Pilgerpfad. Die erste Stempelkneipe nach fast 1,000 km brachte mir die gute Laune, die ein Westfale im Rheinland braucht. In einer weitern St. Martin-Pfarrkirche bereitete man gerade eine Corona-Messe vor, bevor ich durch den Wald zur überraschend schönen
Bergwasserburg Hardtburg kam. Anschließend ging es über den Alten Burgberg und am Hubertuskreuz vorbei über das im Tal liegende
Kreuzweingarten zum „Haus Maria Rast“. Und hier erwartete mich die erhoffte Gastfreundschaft der Schönstätter Marienschwestern. Ich wurde im Herrenhaus untergebracht und konnte bei einem klassischen Abendbrot die Bekanntschaft mit sich erholenden Schwestern machen. Eine Schwester liebäugelte mit meiner „Europamaske“, denn die Europafahne sei doch der Sternenkranz der Gottesmutter Maria. Was nicht stimmen mag, aber
laizistische Antieuropäer in Frankreich haben schon das gleiche behauptet. Im herrlichen Gutsgarten mit seiner sonnendurchfluteten Allee traf ich dann zeltende Wanderinnen, allerdings quer zu mir auf dem
Krönungsweg. Wir führten schöne Gespräche mit den Schwestern. Schwesterliche Menschenfreundlichkeit beherrschte den Ort. Zu meiner Überraschung sollten es die einzigen Fernwander/innen bleiben, denen ich in der Woche in der Eifel begegnete. Immerhin machte ich über das Internet Bekanntschaft mit Markus und Kirsten, die einen Tag hinter mir den Weg gingen. Viele wertvolle Tipps tauschten wir aus. Nach
Marienborn bei Hildesheim, und
Breda bei Paderborn dürfte das Schwesternhaus Maria Rast es einer letzten
Orte des kanonischen Lebens auf dem Weg werden. Zu Beginn meiner nächsten Etappe nach Lothringen werde ich aber hoffentlich noch in der Benediktinerabtei in Trier übernachten.
In die Eifel hinein!
26. Juli 2020 | Ob überhaupt in 10 Jahren noch diese „Ordens-Orte“ Bestand haben ist durchaus fraglich. In der Messe am Sonntagmorgen im modernen Kirchenanbau waren die Schwestern und der Priester so betagt wie freundlich. Trotz Kirchenbann für Fremde in Coronazeiten bekam ich einen Platz zugewiesen. Meine Maske behielt ich gerne freiwillig auf. Gleich nach dem Gottesdienst musste ich weiter, denn ich hatte am zweiten Tag 32 Kilometer vor mir und auf dem Weg lag das beschaulich touriquirlige Bad Münstereifel. Ich folgte natürlich nicht dem offiziellen Jakobsweg, sondern lief querfeldein durch das sonnendurchflutete Tal am bewehrtem Haus Broich vorbei. An der Wasserburg Kirspenich kam ich wieder auf den Jakobsweg und spürte zunehmend wohlhabende Gegend. Leider war die
Hubertuskapelle in Arloff verschlossen und gänzlich ohne Stempelstation. Sie machte von außen Eindruck, auch wegen der Pilgerrillen an der Eingangstüre. Hier wurde „Pilgermehl“ in der Vorzeit abgekratzt, warum auch immer… Irgendwann erreichte ich Bad Münstereifel. Ich war mal als Bönnscher Student mit Wohnsitz in Köln in der schmucken Stadt. Und irgendwann
hatte ich im DLF davon gehört dass, die Fachwerkstadt zu einem Ausflugsoutletcenter wurde. War mal
Heinos Café ein Anziehungspunkt, so sind es nun Klamottenmarken. Eigentlich alles okay. Heino ist inzwischen in Bonn im Altersheim und Touris bleiben Touris, ob sie Nippes oder Brands kaufen. Mein Tag in der Stadt war seltsam begleitet von einem coronagerechten Antikmarkt. Viele Menschen. Die Kirchen waren geöffnet, aber trotz Sonntag nur als Museum. Warum es keinen Stempel gab? Ich weiß es nicht… schlechtes Branding, schätze ich. In der evangelischen Kirche hätte es fast geklappt, wenn denn die Pfarrerin nicht im Urlaub gewesen wäre. Ich war nach durchaus lustiger Rast mit kölschen Touris im Restaurant Wolfsschlucht, dann doch froh weiter nach Frongau zu laufen. Der Eifelanstieg nach Bad Münstereifel hatte es durchaus in sich. Auf den folgenden Höhenwegen begegnete ich nur einigen Reiterinnen. Auf der Höhe in Roderath ergatterte ich nicht nur einen Pilgerstempel, sondern genoss auch die Gastfreundschaft der Freiwillgen Feuerwehr. Hier wird Bitburger, nicht Kölsch, getrunken, notierte ich mir. Das anschließende Frongau mit der
Kirche St. Margareta war dann leider ohne Pilgerstempel. Hinter Engelgau kam ich mal zu einem seltenen Gespräch mit einer einheimischen Walkerin, die sich darüber beschwerte, dass die neuen E-Bike-Touristen nichtmals mehr grüßen würden. Ich verabschiedete mich an der sehenswerten
Ahekapelle, in der ich in aller Ruhe mit Sinnen verweilen und stempeln konnte. Der restliche Weg führte durch den Wald nach Blankenheim.
Manche Ziele muss man sich so aussuchen, dass es eigentlich egal wäre wo man ankäme. Auf Grund der Länge hätte ich eigentlich überall froh die Herberge erreicht. Aber Blankenheim erreicht man wunderbarerweise mit großem Auftritt von oben, von der Jugendburg aus, die coronabedingt geschlossen war. Was für ein Empfang! Pünktlich zur Abendmesse läutete mir die Glocke von
St. Mariä Himmelfahrt den Weg an der mittelalterlichen Burg vorbei bergab. Ich war überrascht vom schönen Fachwerkensemble, dass sich um die Ahrquelle über die Jahrhunderte versammelt hat, sicherlich nicht nur für mich. Ich kam pünktlich zur Messe, zu der ich mich ordnungsgemäß über das Internet angemeldet hatte. Pfarrer Matthäus Zuska hielt eine sehr erbauliche Predigt. Die Gemeinde war hier klein und betagt, sicherlich auch wegen der Ferien und Corona. Für meinen Aufenthalt hatte
Pfarrer Andreas Züll alles arrangiert, war aber selbst im Urlaub. Nach der Messe begrüßte mich gleich sehr freundlich Frau Hartmann, die gemeinsam mit anderen Gemeindemitgliedern in der Sakristei nach dem Pilgerstempel suchte, was sehr viel Spaß machte, so freundlich waren die Beteiligten. Ich kam im Pfarrhaus oberhalb der Stadt und unterhalb der Burg unter, das ich ganz für mich allein hatte, einschließlich grandiosem Ausblick und Dusche. Abends speiste ich in der Brasserie an der Ahr im Corona-Biergarten, bei schönstem Wetter auf dem Platz.
In den nächsten romantischen Eifelort!
27. Juli 2020 | Am nächsten Tag machte ich nochmals einen kurzen Abstecher zur Ahrquelle, um dann hinter der Stadt den Berg hoch und an Pferdekoppeln vorbei in den Wald zu wandern. Hier dürfte auch die Blankenheimer
Matthiasbruderschaft jährlich nach Trier pilgern. Zumindest weisen viele Stellen darauf hin. Der Tag sollte meiner Pilgerschaft die ersten 1,000 km von Berlin aus verschaffen. Gleich hinter dem „Russenkreuz“ oberhalb von Blankenburg machte ich eine kleine Privatfeier, bevor es dann in die Hügellandschaft weiterging. Am Ende sollte einer der schönsten Orte meiner „Tour Eifel“ mich begrüßen,
Burgdorf Kronenburg. Die Landschaft ist sehr angenehm, die Dörfer aber nur teilweise ansprechend. Ein eher bizarrer Ort war das ohnehin am Tage geschlossene Waldcafé Maus. Die 70er Jahre lagen in der Luft. Das 70er Kleinkind Bernd ging gerne weiter. Im eher weniger einladenden Waldorf habe ich die
Kirche St. Dionysius schätzen gelernt. Nein, nicht wegen des Stempels, sondern wegen der Geschichte. Überhaupt beeindruckt mich im Rheinland die starke
westfränkische Orientierung, St. Denis, St. Martin, man spürt, wie stark die kulturelle Beeinflussung aus dem Westen war. Als Paderborner ordnet man dann Liborius als Freund des Hl. Martin ganz anders ein. Es folgte eine weitere seltsame Wanderraststätte. Am Vierherrenstein war eine der vielen gigantischen beton-metallenden Jakobswegtafeln aufgestellt, die mir noch bis Trier öfters begegnen sollten. War hat sich nur diese Megatafeln ausgedacht? Für ernsthafte Jakobswegwanderer nur wenig ansprechend… ich moser nur: achtet besser auf die Pilgerstempel und Schilder, oder Übernachtungshinweise… Der weitere Weg war von natürlicher Schönheit, das kulturelle Highlight war allerdings
St. Mariä Geburt in Baasem, wo man „Jakobspilger willkommen“ spürte. Mein Kunstführer machte mich darauf aufmerksam, dass das Kirchenschiff ungewöhnlich böhmisch gestaltet ist, mit nur einem Seitenschiff. Es tat gut, an diesem Ort müde noch einmal mit einem kirchlichem „go Jakobspilger go“ aufgemuntert zu werden. War aber nicht nötig, denn was mich nach dem letzten Anstieg in der heißen Sonne erwartete, war eines eines der besterhaltenen Burgdörfer der Eifel. Ein fantastisch romantischer Ort, den ich aber zunächst nur mit einem Auge betrachtete. Eigentlich war ich auf der Jagd nach einer Gaststätte, für das spätere Verweilen. Aber dann führte mich ein freundlicher Besucher aus der Region mal eben durch die Gassen zur Burgruine. Und die waren leer. Die wenigen Tagestouristen waren längst ausgeflogen. Geschäfte und Gastwirtschaften waren geschlossen bzw. im Montagsschlaf. Gerade noch ergatterte ich Kölschflaschen in der schmucken Kaffeebar. Viele Pensionen waren coronabedingt ganz geschlossen und so war ich froh, dass
Frau Herrmanns mir einen Schlafplatz bot. Da sie leider nicht mehr gut bei Fuß war, bekam ich den Schlüssel und freien Zugang im Haus gegenüber. Beim Ortsbürgermeister gibt es eine schöne Pilgerecke im Vorgarten der Burgstraße 12. Familie Rader hat eine gemütliche Hausecke zum Pilgerverweilen eingerichtet. Abendessen auf Autobahnraststättenniveau bekam ich talabwärts im bemerkenswert
holländischen Feriendorf. Manchmal braucht man Kontrastprogramm auf Pilgerschaft. Sonst wäre es ja nur schnöder Tourismus. Aber die Familien aus den Niederlanden genießen die „Dutch Mountains“, während die Eingeborenen über die auswärtigen libertären „Maskenmuffel“ die bedeckte Nase rümpfen. Nach so viel künstlichem Freizeitpark verbrachte ich dann meinen Abend einsam auf der Burgruine oberhalb meines Zimmers, bei windig schöner Aussicht. Herrlicher Tagesabschluss bei letztem Kölsch. Morgen beginnt dann wirklich Bitburger Land… und das Bistum Trier.
In das Bistum Trier
27. Juli 2020 | Es war eine letzte tolle Nacht in meinem Heimatland Nordrhein-Westfalen. Ich konnte morgens noch einen weiteren Blick in eine weitere Zweischiffkirche erhalten. St. Johann Baptist war mit seinem Turm einst Teil der Burganlage und so muss man durch enge Gassen und gotische Bögen die Burganlage verlassen, um in das Kylltal nach Rheinland-Pfalz zu durchqueren. Nach einem kurzen Abstecher zur
St.-Brigada-Kapelle ging es bergauf in den Wald, der nun Schne(e)ifel genannt wird. Die
Schneifel zieht sich über einen langen Bergrücken, meist langweilig mit graden Waldwegen. Aber zunächst kam ich nach
Ormont, dessen
Kirche St. Margaretha wieder einmal weiß mit wuchtigem Turm. Der Ormont hat trotz seines französischen Namens eine den Nachbarn abwehrende Geschichte. Tausende Arbeiter waren im Nationalsozialismus hier für die Errichtung des
teuren und Gott sei Dank nutzlosen Westwalls eingesetzt. Der Ort wirkt irgendwie wenig heimelig. Die Gastwirtschaft „Bei Lommen“ bot mir einen enorm guten Kaffee. Aber das Gespräch mit den freilich von Coronarestriktionen geplagten Wirten, drohte in eine Frustration gegen alles Fremde abzugleiten, so dass ich besser den Kaffee und den Stempel lobte und meinen Weg fortsetzte. Am Ortsende kamen mir seltene Fernwanderer entgegen, bis ich auf die „Hitlerzähne“ des Westwalls im Waldböschung stieß. In den letzten Monaten hatte ich mich noch sehr gegen übertriebene Grenzschließungen zur Coronapandemie stellen müssen. Aber wer den nationalistischen Wahnsinn am Waldboden sieht, relativiert man dann doch die heutigen kurzsichtigen nationalen Reflexe. Von dieser Stelle an sollte ich immer wieder automatisch in das bessere belgische und luxemburgische Netz einloggen. Man spürt die Grenzregion auch durch die vielen Pendlerinnen und Pendler. Viele leben und arbeiten in Luxemburg. Die Schneifel ist auch durch extreme Wasserlosigkeit geprägt. Mehre Stunden gab es keine Raststelle. Das aus der Zeit gefallene preußische Forsthaus bot leider auch keine Rast. Nach dem Abstieg vom Höhenzug erwartete mich aber das tolle Gondenbrett mit einem „Pilger-Info-Point“ am Schneifelweg 4. Hier brachte mir die
„Gastfreundschaft am Wege“ die Familie Schreiber als Geschenk.
Das typische Wohnhaus mit Garten ist auch eine Ferienwohnung, aber vor allem ein Ort der Rast für alle Pilger, incl. Kaffee und Keks und und? Stempel! Hätte ich nicht die Schließzeit der Jugendherberge in Prüm beachten müssen, ich wäre gerne länger geblieben, so freundlich waren Matthias und Maria. Ich versprach meinen Bericht aus Berlin zu senden. Obendrein gab es sogar noch einen Stempel in der
Pfarrkirche St. Dionyius. Dann folgte ein schöner Weg nach Prüm, mit tollem Aussichtsturm auf Eifel und Ardennen in Luxemburg und Belgien. Prüm selbst bietet sich dem Pilger mit einer Katastrophe an. Der
Kalvarienberg ist ein moderner Vulkan, der 1945 als US-Munitionsdepot in die Luft flog und viele Opfer forderte. Der Blick in den romantischen Krater wurde nur getrübt von meinem Drang endlich pünktlich in die Jugendherberge zu kommen. Dort erwartete mich ein professionelles Coronateam für Familien und Behindertengruppen. Alles sauber, großzügig, modern. Mein Zimmer war keine Jugendherberge, die ich noch kannte. Anschließend deckte ich mich in den örtlichen Supermärkten mit Proviant ein. Prüm liegt malerisch und hat eine große Geschichte als
Fürstabtei mit Ausstrahlung weit über Prüm hinaus. So sehr die
Architektur der Abtei aus dem Spätbarock auch von Kunsthistorikern kritisiert wird, so schön war mein Abendessen vor der italienisch romantisch anmutenden Kulisse. Dass Prüm im letzten Krieg zu 95% zerstört wurde, kann man dann leicht vergessen.
Über die Schweiz nach Waxweiler
29. Juli 2020 | Wer morgens allein in die Sankt-Salvator-Basilika kommt, fühlt sich klein… an vielen stellen wird der Pilger begrüßt, aber kein Stempel. Panik! Obwohl das Pfarramt in der Nachbarschaft eigentlich geschlossenen war, gab mir aber eine freundliche Frau meinen ersehnten Stempel. Ich konnte weitergehen. Die nächste Etappe führte mich durch eine gänzlich andere Landschaft, durch die wunderbare
Schönecker Schweiz. Aber zuvor ergatterte ich unverhofft einen Pilgerstempel in
St. Maximim in Rommersheim, der leichte Umweg lohnt sich. Rommersheim zeigt die typische Steinarchitektur im ehemaligen Kurfürstentum Trier, die nach den Zerstörungen Ludwigs XIV. bevorzugt wurde. Fachwerk, das mich vor allem seit der Elbe begleitete wird selten. Das felsige Tal der Schönecker Schweiz mit Schalkenbach samt Wiesenlandschaft war sonnendurchflutet und romantisch und ließ mich vergessen, dass am Talausgang eine gigantische Burg stand, deren hitzige Erscheinung mich eher an eine Kreuzfahrerburg in der Levante erinnerte.
Schönecken ist ein sehr vielseitiger Ort. Ich lief den steilen Umweg über die Burg. Von dort kommend stößt der Pilger auf schöne Jakobsspuren an der St.
Antonius-Burgkapelle. Im historischen Ort angekommen ging ich rasch zur Doppelkirche
„Unserer lieben Frau“ und „St. Leodegar“, eine seltsame Konstruktion, mit modernem Anbau. Mich empfing ein wunderbares Spiel der Küsterin auf der
Stockmann-Orgel bevor ich in der alten Teilkirche den Stempel fand. Weiter ging’s. Von Schönecken nach Waxweiler wurde es nur allzu schön natürlich, tolle Mittelgebirgslandschaft, mit Aus- und Einblicken, nur Unterbrochen von der A60. Schlechter Brutalismus im Wald. Außerhalb des Waldes wurde es brüllend heiß, ein erster Bewohner bot mir Wasser an, bevor ich endlich nach Waxweiler kam. Die gigantische Mariensäule oberhalb des Ortes beachtete ich schon gar nicht mehr und kam gleich in eine Wegfalle, die ein Bauer bewirkt hat. Ein spätes Schild wies mich darauf hin, dass ich die Hauptstraße nehmen müsse. Der Bauer hatte die Wanderer auf dem Kiecker und steht nun mit der Gemeinde vor Gericht. Für den Pilger hieß es eine recht gefährliche Straße entlang zu laufen. Zudem wurde meine Freude auf die Gemeinde auf eine große Probe gestellt. Und ich wollte pünktlich am Pfarrhaus sein, da ich mit dem Gemeindesekretär ein Date hatte. Zum Überfluss hatte ich mit dem tollen Carl Schomer die falsche Handynummern ausgetauscht. Und so jagte ich ins Dorf, um ihn nicht zu verpassen. Irgendwie fand ich ihn dann in der Sakristei.
Was folgte war wieder einer der bewegenden Freundlichkeiten auf dem Wege. Er gab mir die Schlüssel zum gesamten Dechant-Faber-Haus. Ich konnte auf dem Boden der Katholischen Bücherei auf einer Matratze schlafen, zwischen Tischfußball und Eifel-Krimis. Waxweiler überraschte mich, selten habe ich einen so kleinen Ort mit so viel Infrastruktur gesehen. Vielleicht liegt es an durchfahrenden Eifeltouristen, aber die Auswahl an Geschäften war doch selten gut. Ich deckte mich mit regionalem Wein, Käse und Knabberzeug ein und ließ es mich unter dem Baum am Pfarrhaus in der Sonne gut gehen. In’s „Ristorante La Corona“ wollte ich dann doch nicht.
Kurt toppt Neuerburg
30. Juli 2020 | Vor meinem Weg machte ich noch einen Abstecher in die
Pfarrkirche St. Johannes der Täufer, hier gibt es natürlich wieder einen Heiligen Jakobus. Wichtiger ist allerdings die Legende, die mir erst später im luxemburgischen Echternach erzählt wurde. Die Waxweiler hätten einst lieber vor der Kirche getanzt, als der Predigt zu folgen. Zur Strafe verdammte sie der Missionar
Willibrord zum ewigen Tanz. Nur das Versprechen, nach
Echternach zu pilgern, erlöste sie angeblich. Die Waxweiler
springen noch heute in Echternach bei der Prozession. Aber zunächst ging es an selten schönem Ausblick und seltsamen Kühen vorbei den Berg hinauf Richtung Bellscheid, wo ich die kleine Viernothelferkapelle aufsuchte, die mir neben Rast auch den Hinweis brachte, gegenüber bei Frau Martin nach dem Stempel zu fragen…
Außer einer sonnenden Katze war niemand zu sehen, aber irgendwann kam die betagte Frau Martin langsam aus dem Haus und freute sich ungemein freundlich. Als sie langsam mit meinem Pilgerheft im Haus verschwand, hatte ich schon Sorge, dass sie nie mehr zurückkäme. Bevor ich es wagte, an die vielen Eifelkrimis im Wachsweilers Pfarrzentrum zu denken, kam sie dann endlich wieder. Ich versprach ihr eine Postkarte aus Berlin und mit ihrem Lächeln zog ich weiter. Was folgte wurde heiß. Nachdem ich mir noch einen Stempel in
St. Valentin in Krautscheid abholte, sollte mein Weg bis Neuerburg äußerst heiß und beschwerlich werden. Und schon wieder half mir die Gastfreundschaft am Wege. Jemand hat in der
historistischen Kirche St. Isidor in Ammeldingen einen fast unscheinbaren Zettel hinterlassen, dass es einen Pilgerstempel nur bei Kurt Meyer gebe. Am Ortsausgang fand ich dann die famose Pilgergarage von Kurt, der gerade im Radio Lëtzebuergesch hörte und auch mit mir recht moselfränkisch sprach. Kurt sammelt in seiner Garage alle Pilger auf, die bei ihm vorbei kommen und diese bedanken sich mit Fotos, Postkarten und Briefen, die seine Werkstatt neben Radsporttrophäen schmücken. Beim alkoholfreien Bitburger schwatzten wir recht lang. Ein wunderbarer Pilgerstopp!
Es ging nur kurz durch einen Wald auf weitere sonnendurchflutete Hitzefelder. Ich freute mich auf Neuerburg, die ich von oben sehen konnte. Am Ortseingang stürmte ich den ersten Supermarkt, um mich wieder einzudecken. Durch nette Waldspazierwege näherte ich mich der
Burg Neuerburg. Die Jugendburg hat durch Corona große Schwierigkeiten, was freilich durch eine Geburtstagsgruppe verdeckt wurde, vor meinen Augen stürzten sich seilgesichert Kinder von den Zinnen. Erst später verinnerlichte ich, dass die Burg in der Tradition der freiheitlichen „
Neudeutschen“ katholischen Jugend steht. Einen Pilgerstempel konnte ich leider nicht auftreiben. Die beschauliche Stadt hinabsteigend bestempelte ich mich in der kühlen
St. Nikolaus-Kirche, die wieder einen kleinen Jakobskopf in sich trug. In Neuerburg selbst probte ein Blasorchester auf dem Platz, das erste Konzert das ich seit Corona sah. Wahrscheinlich lag es an der Hitze, aber sicher auch am wieder aufsteigenden Weg zur Kreuzkapelle, ich wollte eigentlich nur immer weiter zum Ziel. Es folgte ein bewaldeter Bergrücken, bevor sich mein Weg dann absteigend durch das Enztal ziemlich zäh hinzog. Der Zielort Mettendorf wirkte wie ein Vorort von Bielefeld… In der St. Margaretenkirche erhielt ich noch kurz vor Schließung meinen Stempel, war dann froh, dass ich mich rasch im Hotel Kickert einquartieren konnte. Die „Deutsche Küche“ auf der Terrasse genoss ich dann durchaus.
Meine Springpilgerschaft nach Echternach
30. Juli 2020 | Die kommende Etappe sollte besonders heiß werden. Mettendorf ließ mich mit Hilfe von Bäcker und Fleischer gut versorgen. Aber entscheidend sollten meine drei Liter Wasser in der Plastikblase des Rucksacks werden. Es ging an schönen Wiesen vorbei auf das
Ferschweiler Plateau Richtung Luxemburg! Und dort erwarte mich eine sog. Wikingerburg, die aber besser Keltenburg hieße. In Nusbaum prallte die Sonne so stark, dass ich mich nicht aus kulturhistorischem Interesse auf den folgenden Wald freute, sondern auf Abkühlung und starke große Bäume. Aber zuvor gab es in der einen Pilgerstempel in der kühlen St. Petrus-Kirche. Auf dem Weg zum Nusbaumer Hardt-Wald grüßten mich schon die ersten
Menhire, die über die Jahrtausende auf dem Plateau verteilt wurden. Im Wald selbst ließ ich die Keltenburg quasi links liegen, mystisch beeindruckt war ich dennoch. Wanderer gab es auch hier kaum. Eine Großfamilie begnete mir immerhin. Ein absolutes Hightlight bildet der mit Legenden aufgeladene Menhir
„Fraubillenkreuz“. Hier begegnete mir nach Waxweiler schon wieder St. Willibrord. Angeblich habe der angelsächsische Missionar persönlich den sybillinischen Heidenstein in das Kreuz umgeschlagen. Wie aus dem Nichts tauchte im fast menschenleeren Mystikwald ein (echter weil spanischer) Jakobspilger auf, freilich einheimisch mit Hund. Er schwärmte noch immer von dieser Zeit. Es sind diese spanischen Veteranen, die den Jakobsweg in Deutschland hoch halten und ungemein freundlich und hilfreich sind. Beim steilen Abstieg nach Luxemburg wähnte ich mich allein mit
Externsteinen im tiefen Wald. Auch hier war ich schaurig allein in einer grünen Höhle aus Hinkelsteinen. Irgendwann kam ich aus dem kühlenden Felsenlabyrinth heraus nach Bollendorf, direkt am Grenzfluss Sauer. Ich machte noch einen Abstecher zur
Römervilla, ließ mich nochmals bestempeln in
St. Michael Bollendorf. Dann lief ich nach Luxemburg, über eine Grenze wie ich sie mir wünsche. Eine Grenze, die man höchstens wegen neuer Verkehrsregeln bemerkt. Auf der luxemburgischen Seite verkaufte mir eine Frau das erste luxemburgische Eis meines Lebens, noch dazu am längsten Fluss des Landes. Denn es ging an der Sauer vorbei nach Echternach. Es war der heißeste Tag des Jahres und so schwammen die Menschen im Fluss, während ich froh in der Schattenseite des Tales lief. Es war ein langer spannender Wandertag und so war ich dann froh, endlich an mein Ziel zu kommen. Echternach begrüßte mich mit dem Hinweis der deutschen Nazigreuel im Ort und einer reichen Einkaufsstraße mit Restaurants. Schon lange im telefonischen Kontakt mit dem Pastor, musste er mich aber erst hinter die Abtei lotsen, damit ich das Pfarrhaus fand. Was für eine Herberge erwartete mich! Ich sollte eine vertrauensvolle Gastfreundschaft in einem repräsentativem Haus genießen. Pastor Erasmy entschuldigte sich für den Abend und so genoss ich das Haus samt repräsentativem Garten. In Ruhe konnte ich mich für einen gänzlich anderen aber nicht minder gastfreundlichen Luxemburger zurecht machen. Maik ist einer der Pilger, die mir seit einiger Zeit virtuell folgen. Er kam extra durch das Land gefahren, um mich herzlich zum Abendessen einzuladen. Bei sehr viel leckerem Diekirch-Bier ging es zunehmend locker um Pilgern in Portugal und Deutschland und bald um unser Leben und Job. Maik ist einer dieser mit allen Realitäten konfrontierten Kriminalbeamten. Ein Menschentypus, den ich zuletzt in Bratislava und Zagreb beim Bier kennen lernte. Staunend habe ich der „polizeilichen Zusammenarbeit“ im luxemburgischen Grenzland gelauscht. Die Frage des Abends, wie kann ich mich eines Tages revanchieren, werde ich mir hoffentlich nicht zu lange stellen. Die Nacht brachte Gewitter und Regen. Gut.
Zurück auf magischem Weg
1. August 2020 | „Paschtouer“ Francis Erasmy wollte sein Fehlen am Abend offensichtlich mit einem opulenten Frühstück „wieder gut machen“. War nicht nötig und zugleich gelungen! Es wurde inhaltlich sehr angenehm und tiefgehend. Ich habe viel gelernt über die luxemburgische katholische Kirche und ihre Nöte in einer kleinen Nation mit hohem Wohlstand. Wir sprachen viel über Glauben in einer Welt, die wiederum alles zu haben glaubt und doch alles vermisst.
Und natürlich sprachen wir von der Wallfahrt zum Missionar Willibroard in die Abtei samt dem
eigentümlichen UNESCO-Weltkulturerbe Springprozession. Während des coronaausgefallenen Paderborner Liborifestes 2020 war es geradezu aktuell, die Übernachtung der Reliquien von Liborius in Echternach, auf dem Weg vom westfränkischen Le Mans in das ostfränkische Paderborn mit viel Augenzwinkern zu erörtern… aber vielleicht stimmt es ja? An der Sauer bei Echternacherbrück ist dann auch gleich ein St. Liburius-Restaurant, unterhalb der Liborikapelle, die am Rande des Plateaus tront. Ich war froh, dass ich Francis wenigstens ein „Paderborner Pilger“ mitbringen konnte, so gastfreundschaftlich war es bei ihm im Pfarrhaus. Ich hoffe sehr, wir sehen uns irgendwann wieder. Nach meinem Sprung über die Sauer war ich wieder in Deutschland. Mein Treffen mit 3 Luxemburgern und einer Luxemburgerin in einem Coronarisikogebiet verpflichteten mich auf schnellstem Wege in Berlin in Quarantäne zu gehen. Nicht einfach als Pilger… (in der Tat verbrachte ich die kommenden 2 Wochen nicht mehr in Berlin). Auf deutscher Seite durchquerte ich eine in Pandemiezeiten coronaboomende Camperlandschaft, die wie ein Heerlager wirkte, und war eigentlich genervt, dass es nicht mehr so schön blieb, wie auf dem Weg nach Luxemburg. Der anschließende Aufstieg belehrte mich aber eines Besseren und zeigte mir, dass nun langsam die Weinregion begann, obwohl ich schon im Garten vom „Paschtouer“ erste Stauden sah. Aber nicht der Wein beeindruckte, sondern ein grüner Auenweg in einer Hobbitlandschaft, die mit das schönste Foto auf 1,000 km Wanderschaft ermöglichte. Auf Komoot wird dies zurecht der
„Magische Weg“ genannt.
Auf die schöne menschliche Ebene brachte mich anschließend die Familie Ferring in Minden (nein, nicht in Westfalen) bei einem Kaffee. Sie und ihr Gasthaus Ferring waren die Lordsigelbewahrer des Pilgerstempels der schönen
St. Sylvester-Kirche) gegenüber. Alle waren sehr gesprächig auf der Terrasse und machten den Eindruck, dass auch Corona diesem Gasthaus nichts anhaben wird, im Gegenteil. Dann folgte wieder ein Kontrastprogramm auf ein weiteres Plateau, der Kimmelsberg. Dort erwartete mich eine erneute Sommerhitze, ein einsamer Modellbauflugplatz mit zwei Nerds und meine welterste Coronagedenkstädte.
Mit dem weiten Blick auf Eisenach (nein nicht nach Thüringen) fehlte mir nur noch eine Stempelstelle, nun gut. An riesigen einbeinigen Herrschern, die den Wind bändigen, vorbei hatte ich die „smarte Idee“, dem
Helenenberg einen Stempelbesuch abzustatten. Querfeldein, hoffte ich auch Rast machen zu können. Doch alles war an diesem Samstag wie ausgestorben. Das Jugendhilfezentrum der Salesianer Don Boscos ist mittlerweile eine reine Wohlfahrtsdienstleistung, Salesianer gibt es wohl auch kaum noch und nicht mal das Café hatte geöffnet. Und so ging es an die plastikähnlichen Energieriegel und allein auf der Bank zu sitzen ist für Pilger normal… Dann ging es ins Tal nach Welschbillig, das mich an Mettendorf erinnerte, obwohl es doch eine
grandiose römische Vergangenheit hat. Immerhin konnte ich im Dunkeln der neugotischen
Kirche St. Peter stempeln. Der weitere Weg führte mich über den Messenberg mit einer überraschenden Jakobshütte in ein weiteres Tal, wo auf mich ein barockes Schmuckstück wartete, die
St. Luzia-Kirche. Die nette Alte auf dem Friedhof wollte gerade abschließen, ich erhielt aber noch meinen Stempel. Weniger Glück hatte ich in Butzweiler, die St. Remigius-Kirche war schon geschlossen, immerhin gab es einen netten Plausch auf dem Friedhof. Der Weg ging zuvor so auf und ab, dass ich aber auch nur noch an meinen Zielort dachte. Was folgte war ein leichter Weg nach Besslich. Ich gönnte mir ein ungemein angenehmes Landgasthof mit schmackhaftem Essen und schönem Zimmer. Zum Abschluss Dusche und Bett, wunderbar. Am nächsten Tag sollte meine letzte kurze Etappe kommen, Um um 10 Uhr schon im Trierer Dom zu sein, musste ich früh aufstehen.
Abstieg in das famose Trier
2. August 2020 | Der Weg nach Trier sollte überraschend „alpin“ werden. Nach schönen „Almwiesen“ ging es in den Wald mit Steilabhang, der dann doch viel aufmerksame Schritte benötigte, so dass fast die Schönheit des Waldes nicht genießen konnte. Im Tal angekommen, sollte ich nach der Autobahnbrücke die untouristische weniger wohlabende Seite von Trier sehen. Trier-Biewer war in dieser frühen Stunde wie ausgestorben. Aber dafür, dass hier der
Mosel-Camino auf die Via Coloniensis trifft, war ich dann doch tieftraurig, dass ich hier kein Stempel bekam. Immerhin genoss ich einen Kaffee bei einer netten Bäckerin. Ich brannte dann aber doch darauf, an die Mosel zu kommen, die ich mich mit ihren Weinbergen dann noch wunderbarerweise bis zur Kaiser-Wilhelm-Brücke begleitete. Als ich dann die Eifel endgültig über die Mosel in Trier verließ, ging es schnell. Ich stand fast allein vor der beeindruckenden Porta Nigra und tauchte in die wunderbare Altstadt ein. Die Stadt liegt am Rande Deutschlands und ist den meisten unbekannt, aber dass seit der Römerzeit die Kultur in ihren schönsten Zügen sich entwickelte, bis die Preußen kamen, kann man heute auf Schritt und Tritt erfahren.
Als „goody“ kommt eine Pilgerstätte für Marxisten hinzu, wobei die Chinesen dank Corona dieses Jahr ausfallen. Ich hatte diese schöne Kulturstadt auch gerne als Schlusspunkt meines diesjährigen Caminos gesetzt, damit es das nächste Mal hier wieder losgeht. Fehlende Sehenswürdigkeiten würde ich dann in Ruhe nachholen können. Nach der fast überorganisierten Corona-Messe im Dom ersuchte ich vor der Sakristei um meinen verdienten Stempel, ließ mich aber gerne auf die Öffnung des Pilgerbüros gegenüber vom Dom vertrösten. Zunächst ließ ich meinen Rucksack im Schließfach im Hauptbahnhof. Ich wollte mich fast bei ihm entschuldigen, denn eine Woche lang hat er mit seiner ganzen Existenz samt Inhalt immer freundlich geholfen und war erstaunlich leicht zu ertragen. Trier konnte ich so ohne ihn ungezwungen durchstreifen. Und so bin ich nur mit meinem Pilgerbuch durch Trier gepilgert. Aber zunächst pilgerte ich in die Porta Nigra. Das römische Stadttor überlebte nur das Steinbruchschicksal, weil ein früher Eremit hier die Grundlage für eine „Kirche im Tor“ legte. Um 12:00 öffnete endlich das Pilgerbüro in der
Dominformation und Dank des Hinweises meines virtuell verbundenden Mitpilgers Markus verschaffte ich mir nicht nur einen Trierer Pilgerstempel, sondern gleich meine erste Pilgerurkunde! Erst im vergangenen Jahr wird sie ausgestellt. Und die Kontrolle ist scharf. 100 km am Stück nach Trier zu pilgern beweist man nicht mal so eben mit Stempeln, sondern auch mit Datumsangaben. Dafür, dass man sich in Deutschland meist selbst bestempelt ist das natürlich ulkig… der junge Kollege ließ mich aber durch meine
Pilgerstempel in Instagram überzeugen – holy internet! Ich war erst der 192. Pilgernde, der hier eine Urkunde bekam. Leider gab es keine Option „Via Coloniensis“, sondern nur Mosel-Camino und Eifel-Camino. Da ich nur die Eifel sah, wählte ich letzteres.
Aber ich musste noch das Versprechen einlösen, nach der Bestätigung noch zum Apostelgrab zu pilgern. Auf dem Weg ging es bei Hitze noch in das
Landesmuseum und die
Kaiserthermen. Die Kilometer dort spürte ich keineswegs, so seltsam trainiert ist der Wanderer nach 200 km.
Leider gab es gab weder in der
Heilig Kreuz-Kapelle noch in der Abtei die Möglichkeit für „Bonus-Stempel“. Der
Klosterladen war diesen Sonntag geschlossen. Die Benediktiner machten Urlaub, wie sie mir bei der Anfrage für eine Pilgerherberge schrieben. Aber selbstverständlich war die nicht nur für die Region bedeutende Pilgerstätte selbst geöffnet. Am Grab des Heiligen Matthias war es coronabedingt leer und besinnlich. Ich dankte für die Erfahrung der letzten Woche. Mich beeindruckte beim Rundgang, dass viele Dorfgemeinschaften meines gemachten Weges in Form der
Matthias(pilger)bruderschaften hier ihren Zielpunkt haben: z.B. Euskirchen, Blankenheim, Schönecken. Dass viele die
Echtheit der Reliquien bestreiten ist natürlich genauso unwesentlich, wie beim großen
Apostelbruder Jakobus d.Ä. in Santiago. Ich lief den Weg zurück in die Innenstadt, weiter bei großer Hitze und besuchte zuvor noch das
Marx-Haus und die nun evangelische
Konstantinbasilika. Eine Woche später sollte ich die nun wieder muslimische Konstantinbasilika
„Hagia Sophia“ in Istanbul besuchen. Und so relativierte sich für mich meine gemachten 200 km, wenn ich bedenke, dass
Kaiser Konstantin viele Jahre in Trier lebte, um 330 in
Byzantion Konstantinopel zu gründen. 2,400 km entfernt, macht 484 Stunden… ich aber fuhr beeindruckt von beeindruckenden Tagen in der Eifel mit dem Zug zurück nach Berlin, um gleich darauf die Stadt zu verlassen. Corona zwang mich dazu.
Ähnliche Beiträge
Hi Bernd wir sind einen Tag hinter Dir aktuell heute (28.7.) von Blankenheim nach Kronenburg unterwegs. Vielleicht haben wir Gelegenheit uns in Trier oder so zu treffen?
Wir organisieren den Pilgerstammtisch Dortmund und eine private Übernachtungsinitiative: „Pilger kommt“.
In Trier gibt es die SJB (St. Jakobusbruderschaft) und die Trierer Pilgerurkunde der SJB.
Gruß
Markus und Kirsten
Klasse, habe mich per Mail gemeldet!