Was Europas Demokratie aus-macht…

Wie lässt sich erklären, dass die Demokratie in der Europäischen Union unter solch einem populistischen Druck steht? Was macht Europas Demokratie in Zukunft aus? Antworten fallen schon im normalen Leben nicht leicht. Aber die Hauptrede des Jahres vor Contheodorianer/inne/n meines Gymnasiums zu halten ist dann doch etwas ganz Besonderes. Es wurde ein Vortrag über die demokratische Relevanz Europas aus beruflicher und persönlicher Perspektive. Mein Fazit: seit meinem Abi90 hat sich die Gesellschaft schleichend entdemokratisiert, auch zum Schaden der europäischen Idee.

Mein Vortrag auf dem Theodorianerabend 2017 am Gymnasium Theodorianum in Paderborn

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Stellt euch den Marktschreiern! Raus aus den nationalen Klöstern!

Dieser Artikel erschien in den Europathemen des Deutschen Beamtenbundes im März 2017.

Da stehen wir nun vor einem riesigen Salat unterschiedlichster Meinungen, schwerverdaulicher Geschichten und dreister Lügen zwischen Krim, Brexit und nun auch noch dem Weißen Haus: Politik wird zu einer Kakophonie der Ängste. Dieser Artikel behandelt nicht die Ängste des „kleinen Mannes auf der Straße“ (es kann auch eine Frau sein!), sondern die Nachrichten und Meinungen, die ihn oder sie beeinflussen. Der öffentliche Diskurs geht in einer pluralistischen Gesellschaft zwischen Akteurinnen und Akteuren hin und her – auf vielfältigen Kanälen. 2017 ist das Reformationsjubiläum. Ob Martin Luther seine Thesen an die Wittenberger Schlosskirche buchstäblich angenagelt hat oder nicht: Sicher ist, dass Flugblätter und Druckerpressen eine enorme Rolle spielten in der Verbreitung reformatorischer Ideen. Manche sagen, die Reformation hätte ohne die Medienrevolution des Buchdrucks kaum eine Chance gehabt. Andere behaupten, die Rolle des Buchdrucks werde überschätzt, zumal doch die allermeisten Analphabeten waren. Es lohnt sich, die Zeitenwende vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit mit der heutigen Kommunikationsrevolution zu vergleichen. Hangeln wir uns an diversen Medien entlang durch unterschiedliche Sphären. 

Wikipedia, die unbekannte Meinungsmacht

Vorweg die große Unbekannte der Sozialen Medien: Bei einer EBD-Veranstaltung zum Thema „Bildung 4.0“ habe ich als Moderator die Frage gestellt, wer Wikipedia nutzt: alle anwesenden Bildungsexperten passiv, viele sogar unzitiert als Quelle für ihre tägliche Arbeit. Aber nur drei Prozent der Anwesenden gaben an, je das größte Lexikon der Welt mit verbessert zu haben. Sozialwissenschaftler geben ihr Wissen offensichtlich ungern weiter. Trotzdem erreicht Wikipedia auch in der Europapolitik eine erstaunliche Qualität. Vor Jahren hat eine Gruppe von Trainees und Studierenden sämtliche europapolitischen Artikel in Wikipedia kategorisiert. Und Kategorisierung beeinflusst den Algorithmus von Google. Denn nur so weiß die Suchmaschine, dass ein MdEP zur EU und nicht zum Europarat gehört. Zum Lohn landet Wikipedia bei Google stets ganz vorn. Wirkmächtiges Wikipedia ohne offizielle Lehrmeinung: An deutschen Unis wird dieses „Making-of Wikipedia“ bis heute weder verstanden noch gelehrt. Sollen Novizen des 21. Jahrhunderts nicht erfahren, was oder wer eine Meinung außerhalb der Klostermauern bildet?

Twitter, zwischen PR und Netzwerken

Einmal fragte mich ein Lobbyist in Brüssel, der gerade aus der Spitze der deutschen Ständigen Vertretung bei der EU in die freie Wirtschaft gewechselt war, zu Twitter aus. Er war irritiert, dass außerhalb seiner bisherigen Erfahrungswelt so ungefiltert Wissen verbreitet werde. Viele Lobbyisten leben davon, Informationsmonopole aufzubrechen – ganz diskret. Und nun gibt es plötzlich Informationen transparent „für umme“. Und: Woher ich nur die Zeit hätte, all die Tweets zu lesen? Aber man liest Twitter nicht wie eine Sonntagszeitung. Im guten Sinne kann man Twitter mit einem gehaltvollen Gesprächsabend oder aber auch einer Hausparty mit spannenden Themen vergleichen, nur über den ganzen Tag in Dosen verteilt. Man folgt denen, die einem interessant erscheinen, um daraus zu lernen, über ideologische und sonstige Grenzen hinweg Zusammenhänge herzustellen, und um sie mit möglichst interessanten Tweets an sich selbst zu binden. Ja, eitel ist Twitter wie das echte Leben.

Die noch eitlere und „dunkle“ Seite von Twitter manifestiert sich gerade im US-Präsidenten. Mit Twitter erreicht Donald J. Trump ungefiltert den „kleinen Mann“ und verunsichert bewusst das Establishment, global. Umgekehrt brachte es jüngst der ehemalige schwedische Ministerpräsident Carl Bildt auf einen Aufmerksamkeitsrekord, als er auf Trump reagierte. Twitter ist kein Freund geschlossener Räume. Es stellt etablierte Medien und ihre Kunden in Frage, kann aber auch positiv gegensteuern oder gar Pressezensur umgehen. Despoten kämpfen gegen diese ungebremste Freiheit der Meinung, ob während der Arabellion oder seit Jahren in der Türkei.

Die Diplomatie fremdelte zunächst. Ende 2010 fragte ich den Planungschef des Auswärtigen Amtes, woher sein Haus „Intelligenz“ über Soziale Medien während der Arabellion bekäme. Seine Antwort war: „Wir vertrauen unseren Freunden im State Department.“ Die EBD war da schon seit einem Jahr mit dem Twitter-Account @NetzwerkEBD aktiv. Das Auswärtige Amt folgte 2011 schließlich doch einer Social Media-Strategie und gleich zu Beginn der EBD. Mit gut einer halben Million Follower hat das AA die EBD längst weit überflügelt, doch werden die Chancen einer echten „European Public Diplomacy“ noch zu wenig genutzt. Dabei wäre keine Berufsgruppe besser geschult, mit wenigen Worten das Richtige zu sagen, als Diplomaten. Obwohl weiter eine unbegründete Furcht vor Kontrollverlust zu herrschen scheint, gab es auch diesen Tweet zum Brexit: „Wir gehen jetzt in einen irischen Pub und betrinken uns. Ab morgen arbeiten wir dann wieder für ein besseres #Europa. Versprochen! #EUref“. Chapeau!

Facebook oder die elektronischen Filterblasen

Facebook ist für viele, die sich nicht mit dem offenen System Twitter anfreunden können, die erste Anlaufstelle. Wer sich als „Proeuropäer“ bei Facebook mit „seinen Freunden“ vernetzt, bekommt das positiv zu spüren. Über alle Grenzen hinweg bekomme ich ständig Anti-Brexit-Meinungen und proeuropäische Aufrufe wie neuerdings zu „Pulse of Europe“ oder von der Europa-Union. Dass es aber noch nationalistische, rechtsextreme Blasen gibt, hat jüngst der ZDF-Journalist Florian Neuhann gezeigt. Und diese Filterblasen interagieren kaum. Die Algorithmen dahinter werden politstrategisch genutzt. Erschreckend ist die These der totalen digitalen Manipulation hinter dem Wahlerfolg Trumps: Hier wird behauptet, dass es eine digitale „Bombe“ gebe. Aber auch schon abgeschwächte Darstellungen bieten Einblicke in die medialen Abgründe, etwa zum Brexit, wie der wohl beste EU-Blogger Jon Worth argumentiert.

Viele Blasen ergeben derweil einen Schaum

In Deutschland haben wir ein Luxusproblem. Die Qualität der öffentlichen und kommerziellen Medien ist so gut, dass sie sich erst sehr spät in die Social-Media-Welt eingemischt haben. Seit Jahren sammele ich in meiner Twitterliste „EU-Presse“ öffentlich alle europapolitischen Journalisten. Und die Posts dieser Liste lese ich wie eine Zeitung. Deutsche kommen erst jüngst hinzu und nur wenige gehen über bloße Eigen-PR hinaus. Der echte Diskurs ist bei klassischen Medienvertretern noch immer die Ausnahme. Die EBD sammelt übrigens deutschsprachige EU-Journalisten auf Twitter.

Deutsche Printpressespiegel sind enorm gehaltvoll, aber auch eine nationale Welt für sich. Das zeigt „Politico Europe“, 2015 vom US-amerikanischen Politico und der Springer AG gegründet, um die Übermacht der Londoner Financial Times, früher Leitmedium für EU-Beamte, zu brechen. Der deutschsprachige Onlinewecker „Morgen Europa“ von Florian Eder zeigt täglich zum Frühstück auf, dass Europapolitik keine von Korrespondenten kommentierte Außenpolitik, sondern gemeinsame Innenpolitik ist. Der europapolitische Diskurs in der doch provinziellen Bundeshauptstadt hat sich spürbar gebessert. Das hilft auch den klassischen Dialogangeboten wie den EBD De-Briefings.

Derweil tut sich in der deutschen Europawissenschaft herzlich wenig. Universitäten und Denkfabriken werden noch lange keinen Simon Hix von der Londoner LSE hervorbringen, der ganze Vorlesungen der Allgemeinheit zur Verfügung stellt und per Twitter interagiert. Phänomenal übrigens sein Lehrstück gleich nach dem Brexit-Votum.

Wie können Medien Breitenwirkung erzielen und gleichzeitig Qualität bewahren? Können „Monopolisten“ wie Diplomaten, Beamte, Korrespondenten und Wissenschaftler im guten demokratischen Sinne aktiv werden? Für die EBD ist für die demokratische Entwicklung Europas entscheidend, dass Medien gezielt für die europäische Integration genutzt werden. Grenzüberscheitende demokratische Kommunikation ist seit 1949 Satzungsauftrag. So arbeitet die Europäische Bewegung International (EMI) dezentral und pluralistisch daran, den Diskurs zu europäisieren. Für Kirchturmdenken sorgen schon die anderen.

Ach ja, und wer behauptet, dass der Buchdruck die Analphabeten damals nicht erreicht hatte, der hat ganz sicher die Marktschreier vergessen. Aber das ist eine andere Geschichte, die der Economist schön erzählt. Die heutigen Mönche sollten in der Verteidigung ihrer alten Welt vor allem nicht bloß angewidert Flugblätter (Tweets) verdammen, sondern sich selbst aktiv einbringen. Sonst werden die Klöster und ihr Qualitätswissen von Bauernstürmen hinweggefegt.

Bernd Hüttemann ist Generalsekretär der Europäischen Bewegung Deutschland e.V., schreibt hier aber vor allem als Twitterer @huettemann | @NetzwerkEBD.

Nur europäisch lösbar – mein BBC-Interview zur Flüchtlingskrise

Die Flüchtlingskrise ist nur europäisch lösbar. Da hilft es auch nicht, dass die meisten Nationalstaaten sich nur mit Grenzschließungen behelfen. Wie es weiter gehen wird und was zu unseren Innengrenzen passieren könnte bleibt einen Sprung ins Ungewisse, aber „protection of the Schengen borders outside Europe is the most important thing, and not to build up fences inside Europe“. Das wahre Problem ist die Katastrophe für die Menschen in Syrien. Grenzzäune werden die Menschen nicht aufhalten. Sie werden ihren Weg nach Norden finden. Dies wurde schon bei meinem Vorkrisenbesuch in Flüchtlingslagern im Libanon deutlich.

Das Interview im vollen Wortlaut:

Erklär mir einer Brüssel in Berlin

Eine Woche vor der Mitgliederversammlung meines Arbeitgebers Europäische Bewegung Deutschland stellt der Berliner Tagesspiegel in seiner Hauptstadt-Beilage „Agenda“ die Arbeit des Netzwerks und meinen Job in der Rubrik „in der Lobby“ ausführlich vor. Besonders freut mich die Brücke von Berlin zu meiner Uni in Passau. Auch selten: Interessenvertretung und europäische Integration wird gleichermaßen neutral dargestellt. Nicht der Raum sondern der Inhalt braucht Kritik. Den gesamten Artikel gibt es als E-Paper ooooder bei Twitter:

Der Tagesspiegel „Agenda“ bringt , das „Journal für Politik in der Bundeshauptstadt“ jeweils dienstags in den Sitzungswochen des Bundestages heraus, in Kürze sind wöchentliche Agenda-Seiten mit Hintergrundberichten aus der Berliner Politikszene geplant. Laut Leseranalyse 2013 hat der Tagesspiegel eine tägliche Verbreitung von 284 000 Lesern und ist nach (nach eigenen Angaben mit 54 % Leserschaft unter den Entscheidern in Politik und Wirtschaft das „Leitmedium der Haupstadt“.

 

Ach, herrje ist Brüssel kompliziert und dieser Lobbyismus…

Ach, herrje ist Brüssel kompliziert und dieser Lobbyismus… Es ist ein öffentlich-rechtliches Kontrastprogramm. 2013 legte „Brussels Business“ bei Arte vor, nun kam das „Wunder von Brüssel“ im WDR (hier aktuell in ARD-Mediathek). Vorab: Wir können froh sein, dass wir einen vielfältigen öffentlichen Rundfunk haben. Wer sich beide Dokumentationen hintereinander anschaut, kann kaum glauben, dass es um das gleiche Thema geht: um  Lobbyismus in Brüssel. Macht Brussels Business so richtig düster-cineastische Stimmung, so schaltet ARD-Korrespondent Christian Feld auf einen erfrischenden Erklärmodus und macht klar, worum es beim Lobbyismus wirklich geht: um Einflussnahme auf Gesetzgebung. Und da die Mitgliedstaaten und ihre Parlamente eine Vielzahl der Gesetze den EU-Institutionen überlassen haben, sucht sich der Lobbyismus, wie das Wasser am Berg, seinen europäischen Weg. Manchmal staut es, manchmal sickert es durch, aber meist wird es von Parlament, Kommission und Regierungen kanalisiert.

„Brussels Business“ hatte es sich mit seinem Flutlicht auf einen vorgeblichen Lobbyistenmoloch einfach gemacht. Das „Übel Lobbyismus“ verband „Brussels Business“ mit der europäischen Hauptstadt. Die Macher marginalisierten das Europaparlament förmlich, obwohl es doch eine wirksame Medizin gegen Einzelinteressen war und ist.

Das „Wunder von Brüssel“ hingegen lässt im Europawahljahr das Parlament im erstaunlich guten Licht erscheinen. Es wird deutlich, wie das Berichterstatterwesen im „Ausschussparlament“  EP funktioniert. Die „David-Figur“ (FAZ), der Europa-Abgeordnete und EU-„Datenschutzgrundverordnungsberichterstatter“  Jan Philipp Albrecht wird zum ehrlichen Makler unterschiedlicher Interessen. Genau so kann man Albrecht und viele seiner EP-Kollegen auch bei „Berichterstatter im Dialog“ des Netzwerks EBD erleben. Das gemeinsam mit dem Informationsbüro des Europäischen Parlaments durchgeführte Format ermöglicht Interessenvertretern den selbstverständlich offenen Austausch mit diesen wirkmächtigen und nicht nur berichtenden Volksvertretern.

Nun wird auch das Wunder von Brüssel kritisiert:  „Mini-Strafe für Google?“  fragt Uwe Ebbinghaus von der FAZ. Worauf er abzielt ist das ewige öffentliche Fremdeln mit Interessenvertretung, wenn Gesetze gemacht werden. Wir müssen wohl alle vergeblich darauf warten, dass Lobbyismus wertneutral erklärt wird, als notwendiger Teil einer nicht immer perfekten Demokratie.  Dass in Deutschland der Ursprung der Lobby vornehmlich in Hotels und nicht in Parlamenten vermutet wird, ist sicherlich ärgerlich, aber dem aktuellen politischen Zeitgeist geschenkt, der zwischen Volk und preußischen Beamten nur schmierige Vertreter und korrupte Politiker sehen möchte.  Aber selbst das Wunder von Brüssel hat nicht genug Sendezeit, um alles gerecht zu gewichten (und es hätte ja auch wie Brussels Business enden können…).  Aber immerhin: Christian Feld löst das Gesetzgebungswunder von Brüssel durch Jan Philipp Albrecht positiv auf, mit  „eigentlich ist es ein Wunder der Demokratie“.

Gewichtiger ist ein anderer Aspekt, der von der FAZ aufgeworfen wurde. Auch mir fiel auf, dass das „Wunder von Brüssel“ die Rolle der Mitgliedstaaten unterbelichtet. Dies ist in der Tat eine „Black Box“. Da helfen auch keine litauischen und griechischen Drehorte und auch nicht die Ausrede, dass alles so kompliziert sei. 

Wer Lobbyismus in der Europapolitik verstehen und erklären möchte, sollte nationale Politiken nicht unterbelichten. Es wäre äußerst spannend, wenn erstmals ein Berliner und Brüsseler Korrespondent gemeinsam Interessenvertretung und Gesetzgebung im europäischen Mehrebenensystem erklären könnten.

Anfangen würde ich da mit einer Analyse der deutschen Enthaltung zur Verhinderung (?) der Genmais-Verordnung. Am Rande einer Tagung in Tutzing habe ich bei Christian Feld mit einer privaten Umfrage begonnen: „Wer kann mir sagen, wann wer in Berlin entschieden hat, dass sich Deutschland schlussendlich enthielt.“ Die einfache Antwort in der deutschen Presse: die Koalition war sich nicht einig (so ähnlich Tagesschau). Ergo habe sich „Deutschland“ „in Brüssel“ enthalten müssen.

Aber genaueres zum innerdeutschen Entscheidungsprozess, zur europapolitischen Koordinierung, mit enormen Auswirkungen auf EU-Gesetzgebung, können weder Brüsseler und erst recht nicht Berliner Korrespondenten liefern.

Ach, herrje ist Berlin kompliziert und welcher Lobbyismus…?

No Angst: Europakonsensschland erklären!

Natürlich halten die Kurse nach der Bundestagswahl. Die Eurozone lebt vom stabilen Deutschland. CNBC fragte mich gleich nach der Wahl, welche Auswirkungen die Wahl denn auf die Eurozone habe. Keine, das heißt eine stabilisierende. Denn wenn der Wahlkampf schon langweilig war und sich die meisten Parteien in der Frage des Krisenmanagements kaum unterschieden, dann kann auch das Wahlergebnis für die Eurozone nicht besonders spannend sein. Gottseidank!

Die CNBC-Frage nach der AfD kann glücklicherweise auch nicht sonderlich provozieren. Kleinstparteien mögen zwar in Deutschland als Mehrheitsbeschaffer eine wichtige Rolle spielen, die Bedeutung von Englands UKIP kann AfD aber kaum erhalten. Im Vereinigten Königreich kann ein Wahlkreis mit 20% der Stimmen zu 100% gewonnen werden. In den meisten der 650 Wahlkreise können selbst geringe Verluste einer einfachen Mehrheit einen 100% Machtverlust bedeuten. Das Mehrheitswahlrecht hat so längst seinen stabilisierenden Charakter eingebüßt, wie Jon Worth richtigerweise in einem Beitrag angemerkt hat.  Ein englisches Ätschibätsch nach einer deutschen UKIP im AfD-Schafspelz (The Telegraph: „Merkel’s UKIP„) verhallt ungehört im deutschen Konsenstag. Umgekehrt wird ein Schuh draus. Anders als der Bundesrepublik droht dem Königreich ein Flickenteppich und eine immer weniger repräsentative Demokratie.

Das stabile Deutschland ist mit Föderalismus, Sozialpartnern, starken Kommunen für Medien schrecklich unübersichtlich und nicht nur für den ausländischen Betrachter im Ergebnis langweilig. Egal welche Koalition nun gebildet wird, die Opposition ist entweder ganz klein oder über den Bundesrat eng an der Regierung zu beteiligen. Europapolitisch gibt es dann erst recht keinen Zündstoff. Leider führt dies ungewollt zu negativen Kollateralschäden für den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern und den Interessengruppen. Europas Relevanz verliert sich im deutschen Niemandsland.

Zugegeben: für das konsensorientierte Deutschland steht auch meine Arbeitgeberin, die Europäische Bewegung Deutschland. 1949 – ausgerechnet von einem konservativen Briten mitgegründet – gehört sie zum bundesrepublikanischen Erstinventar. Fast alle Parteien sind drin, die Sozialpartner eh und über 200 Organisationen aus Wirtschaft und Gesellschaft auch. Ohne das so erfolgreiche Konsensschland zu verlassen, braucht die künftige Bundesregierung Mut zu mehr Kommunikation und Wettstreit der Ideen. Aber gleichzeitig braucht man auch eine neue Konsenskultur in Europa: „Wenn Europa nicht in der weltpolitischen Bedeutungslosigkeit versinken will, brauchen wir eine neu verhandelte, eine klug gestaltete Union, die alle mittragen.“ (Rainer Wend)

 

 

Mein Job in 5 Antworten…

Für www.verbaende-talk.de durfte ich kürzlich 5 Fragen zu meinem Job beantworten. Das ist gar nicht so einfach, schließlich ist die Europäische Bewegung Deutschland (EBD) ein einmaliges Netzwerk. Die EBD entzieht sich einer Definition und ist deshalb vielleicht auch so erfolgreich. Wir sind kein klassischer Dachverband, kein Verein mit indivduellen Interessen, keine rein deutsche Veranstaltung, keine sexy Stiftung. Wir sind auch keine Nichtregierungsorganisation und keine soziale Bewegung im herkömmlichen Sinne. Ok, positiv schreiben: hier sind die 5 Antworten.

Böses Lobbying – gute Bürger?

In diesem Artikel hat mich die FAZ ein wenig verkürzt dargestellt. Natürlich hat Tanja Börzel von der FU Berlin recht, dass Lobbying und Interessenvertretung nicht allein geeignet sind, um die Bedürfnisse der Bürger nach Beteiligung an der Europapolitik zu befriedigen. Aber das ist ja nicht der Punkt. Wichtig ist, dass Demokratie in der Europäischen Union auch (!) von Interessenvertretern gestaltet und gefördert wird. Und genau davon spricht ja ausgerechnet auch das Bundesverfassungsgericht, wenn es eine neue Form der europäischen Demokratie erklären möchte: „Derartige Formen dezentraler, arbeitsteiliger Partizipation mit legitimitätssteigerndem Potential tragen ihrerseits zur Effektivierung des primären repräsentativ-demokratischen Legitimationszusammenhangs bei. „ (Randnummer 272)

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Herzlich Willkommen

auf meiner Internetseite. Hier finden Sie, was mich derzeit beschäftigt – in Berlin, Brüssel und Passau. Finanzkrise, EU-Haushalt, partizipative Demokratie, Lobbying, Interessen Index Europa, Web2.0 und EU-Erweiterung sind die Hauptthemen meines Jobs beim Netzwerk Europäische Bewegung Deutschland. Darüberhinaus freue ich mich auf viele interessante Diskussionen in Passau. Read more