Geht doch! Demokratie in Vielfalt ist wieder da!

Mitten in der Pandemie, nach einer Weltfinanzkrise, mitten in einer Klimakrise, mitten in einer menschenfeindlichen Migrationspolitik, nach einem desaströsen Brexit, nach einem Afghanistandesaster strauchelt Deutschland sehenden Auges… in eine gestärkte parlamentarische Demokratie und folgt damit ausgerechnet… Italien. Ein Vorbild für Europa? mein Beitrag bei Science Blogs von eurac research Bozen, Südtirol.

Eine neue Bundesregierung steht noch lange nicht fest und natürlich muss ganz Europa darauf hoffen, dass sich die Koalitionspartnerinnen bald einigen. Aber dennoch, der französische Philosoph Bernard-Henri Lévy hat Recht: in Deutschland findet gerade eine „schöne Lehrstunde in Demokratie“ statt – in einem noch immer „hoch gefährdeten Europa“.

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Was Europas Demokratie aus-macht…

Wie lässt sich erklären, dass die Demokratie in der Europäischen Union unter solch einem populistischen Druck steht? Was macht Europas Demokratie in Zukunft aus? Antworten fallen schon im normalen Leben nicht leicht. Aber die Hauptrede des Jahres vor Contheodorianer/inne/n meines Gymnasiums zu halten ist dann doch etwas ganz Besonderes. Es wurde ein Vortrag über die demokratische Relevanz Europas aus beruflicher und persönlicher Perspektive. Mein Fazit: seit meinem Abi90 hat sich die Gesellschaft schleichend entdemokratisiert, auch zum Schaden der europäischen Idee.

Mein Vortrag auf dem Theodorianerabend 2017 am Gymnasium Theodorianum in Paderborn

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No Angst: Europakonsensschland erklären!

Natürlich halten die Kurse nach der Bundestagswahl. Die Eurozone lebt vom stabilen Deutschland. CNBC fragte mich gleich nach der Wahl, welche Auswirkungen die Wahl denn auf die Eurozone habe. Keine, das heißt eine stabilisierende. Denn wenn der Wahlkampf schon langweilig war und sich die meisten Parteien in der Frage des Krisenmanagements kaum unterschieden, dann kann auch das Wahlergebnis für die Eurozone nicht besonders spannend sein. Gottseidank!

Die CNBC-Frage nach der AfD kann glücklicherweise auch nicht sonderlich provozieren. Kleinstparteien mögen zwar in Deutschland als Mehrheitsbeschaffer eine wichtige Rolle spielen, die Bedeutung von Englands UKIP kann AfD aber kaum erhalten. Im Vereinigten Königreich kann ein Wahlkreis mit 20% der Stimmen zu 100% gewonnen werden. In den meisten der 650 Wahlkreise können selbst geringe Verluste einer einfachen Mehrheit einen 100% Machtverlust bedeuten. Das Mehrheitswahlrecht hat so längst seinen stabilisierenden Charakter eingebüßt, wie Jon Worth richtigerweise in einem Beitrag angemerkt hat.  Ein englisches Ätschibätsch nach einer deutschen UKIP im AfD-Schafspelz (The Telegraph: „Merkel’s UKIP„) verhallt ungehört im deutschen Konsenstag. Umgekehrt wird ein Schuh draus. Anders als der Bundesrepublik droht dem Königreich ein Flickenteppich und eine immer weniger repräsentative Demokratie.

Das stabile Deutschland ist mit Föderalismus, Sozialpartnern, starken Kommunen für Medien schrecklich unübersichtlich und nicht nur für den ausländischen Betrachter im Ergebnis langweilig. Egal welche Koalition nun gebildet wird, die Opposition ist entweder ganz klein oder über den Bundesrat eng an der Regierung zu beteiligen. Europapolitisch gibt es dann erst recht keinen Zündstoff. Leider führt dies ungewollt zu negativen Kollateralschäden für den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern und den Interessengruppen. Europas Relevanz verliert sich im deutschen Niemandsland.

Zugegeben: für das konsensorientierte Deutschland steht auch meine Arbeitgeberin, die Europäische Bewegung Deutschland. 1949 – ausgerechnet von einem konservativen Briten mitgegründet – gehört sie zum bundesrepublikanischen Erstinventar. Fast alle Parteien sind drin, die Sozialpartner eh und über 200 Organisationen aus Wirtschaft und Gesellschaft auch. Ohne das so erfolgreiche Konsensschland zu verlassen, braucht die künftige Bundesregierung Mut zu mehr Kommunikation und Wettstreit der Ideen. Aber gleichzeitig braucht man auch eine neue Konsenskultur in Europa: „Wenn Europa nicht in der weltpolitischen Bedeutungslosigkeit versinken will, brauchen wir eine neu verhandelte, eine klug gestaltete Union, die alle mittragen.“ (Rainer Wend)

 

 

Böses Lobbying – gute Bürger?

In diesem Artikel hat mich die FAZ ein wenig verkürzt dargestellt. Natürlich hat Tanja Börzel von der FU Berlin recht, dass Lobbying und Interessenvertretung nicht allein geeignet sind, um die Bedürfnisse der Bürger nach Beteiligung an der Europapolitik zu befriedigen. Aber das ist ja nicht der Punkt. Wichtig ist, dass Demokratie in der Europäischen Union auch (!) von Interessenvertretern gestaltet und gefördert wird. Und genau davon spricht ja ausgerechnet auch das Bundesverfassungsgericht, wenn es eine neue Form der europäischen Demokratie erklären möchte: „Derartige Formen dezentraler, arbeitsteiliger Partizipation mit legitimitätssteigerndem Potential tragen ihrerseits zur Effektivierung des primären repräsentativ-demokratischen Legitimationszusammenhangs bei. „ (Randnummer 272)

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