Mein ganz persönlicher Jakobsweg: #berndscamino

Paradiesportal am Paderborner Dom. Wo im Mittelalter Pilger übernachteten.

Zu Fuß von Berlin nach Santiago de Compostela? Das geht nur gemogelt. Und so begann ich 2016 nur mit vielen Unterbrechungen meinen langen Weg nach Westen. Für mich ist es inzwischen eine große über 3.500 Kilometer lange horizontale Probegrabung quer durch Europa. Vermeintliche und historische Pilgerwege sind „nur“ ein Anker für meinen Selbstversuch, Kultur-/Landschaften, fremden Menschen, mir selbst zu begegnen und mich Gott natürlich anzunähern.

Dies ist meine Übersicht über meinen gesamten Weg von Berlin bis Toulouse (2025).

Mein Camino begann in Berlin – zwischen märkischen Wäldern, Seen und weiten Ebenen. Von dort führte er mich über mitteldeutsche Industrieregionen und alte Handelsstädte bis ins Rheinland. Hier verdichtete sich die Geschichte: römisches Erbe, katholische Traditionen, Reichsstädte und die Spuren von Krieg und Wiederaufbau. Am Rhein selbst wird sichtbar, wie Europa seit Jahrhunderten verflochten ist. Über das Grenzland von Luxemburg und Lothringen – geprägt von Kriegen, Versöhnung und der europäischen Idee Robert Schumans – öffnete sich der Weg nach Frankreich hinein. Im Aveyron tauchte ich ein in die Welt der alten Bastiden, Bergbauorte und Ruinenlandschaften. Caselles, Kirchen und Gassen erzählten von Jahrhunderten des Glaubens, der Kämpfe und des Alltags. Weiter südlich folgte die Weinregion Gaillac, wo sich die Landschaft weitete, das Licht heller wurde und die Wärme des Südens spürbar wurde. Schließlich erreichte ich Toulouse, die „ville rose“ – eine Stadt voller Geschichte, Kultur und moderner Energie. Ich bin nun in Toulouse angekommen. Hier endet mein Camino für dieses Jahr – ein Weg, der mich durch so viele verschiedene Landschaften und Geschichten geführt hat, voller Begegnungen, Gastfreundschaft und neuer Perspektiven.

Nächstes Jahr (2026) geht es weiter nach Lourdes. Mein Camino bleibt eine Reise in Etappen, getragen von Europas Vielfalt, seinen Brüchen und seiner Schönheit – ein lebendiges Mosaik, das sich Schritt für Schritt fortsetzt.

Mein Projekt

Ich bin 2025 in Toulouse angekommen: 2.611 km von ca. 3.700 km seit Berlin bereits gemacht. 

Tolle Menschen auf meinem Weg | Meine Stempelsammlung | Meine Collections bei Komoot

 

2016/17: Berlin/Brandenburg

viel „Stückweg“ war es am Anfang. Zunächst ging 2016 es nach Süden zum Stadtrand Berlins, dann nach Potsdam und Brandenburg an der Havel. Das fulminante Kloster Lehnin bot mir eine erste Pilgerherberge. Nicht weniger beeindruckend folgte Kloster Jerichow, bevor es im Winter 2017 dann über die Elbe in die Altmark ging. Mein Camino begann improvisiert – Schritt für Schritt aus der Großstadt heraus. Berlin bot mehr Überraschungen als gedacht: Schleichwege durch Hinterhöfe und Kleingärten, Gewerbegebiete neben Photovoltaikfeldern, erste Jakobsmuscheln am Mauerweg. In Potsdam traf prachtvolle Schlosslandschaft auf DDR-Villenruhe und Pokémon-Go-Familien. Im Regen führte mich der Weg ins Kloster Lehnin – mein erstes Pilgerkloster, ein Ort voller Stille und Spiritualität. In Brandenburg an der Havel stieß ich erstmals auf das historische Erbe der Jakobspilger, durchquerte die Backsteinlandschaft und entdeckte Loriots Taufkirche. Weiter ging es nach Plaue und Jerichow: durch Schneelandschaften, Wälder und Dörfer, vorbei an Pulverfabriken und alten Pfarrhäusern. Im Kloster Jerichow erlebte ich Pilgergeschichte pur – allein inmitten der gewaltigen Backsteinromanik. Über die Elbe und durch Schneesturm erreichte ich Tangermünde mit seiner mittelalterlichen Pracht und Stendal mit winterlicher Altstadt. Am Ende standen 189 km, die ersten Pilgerstempel, neue Routinen und die Gewissheit: Aus kleinen Etappen ist ein großes Projekt geworden.

👣 Mein ausführlicher Bericht von Berlin nach Stendal

Kloster Jerichow
Von Berlin in die Altmark via Potsdam, Brandenburg an der Havel, Kloster Lehnin, Kloster Jerichow

2017: Sachsen-Anhalt

In der Altmark ist der Jakobsweg gut erschlossen. Beim Kloster Jerichow ging es über die Elbe nach Tangermünde, anschließend gen Magdeburg.
Von Stendal führte mich der Weg südlich nach Magdeburg und dann westwärts bis Eilsleben. Es war mein längster Jakobsweg bisher, mit Etappen von über 40 km – flache, endlose Schritte durch eine oft trostlose Magdeburger Börde, unterbrochen von stillen Dörfern und Hochwasserdeichen. Der „Monte Kali“ bei Zielitz zwang zu Umwegen, Wolmirstedt überraschte mit seiner Schlossdomäne. Eindrucksvoll war die Trogbrücke Magdeburg, wo der Mittellandkanal die Elbe überspannt – ein Bild von Europas Ingenieurskunst. Magdeburg selbst zeigte sich als aus Ruinen auferstandene Stadt: hart gezeichnet, aber voller Würde, mit Dom und Kathedrale St. Sebastian als spirituelle Höhepunkte. Westwärts ging es dann durch Dörfer meiner Kindheitserinnerung, Begegnungen mit Pilgern und bedrückender Trostlosigkeit wie in Dreileben. Nach 129 km endete das Jahr in Eilsleben – mit der Erfahrung, dass auch in kargen Landschaften die Tiefe des Pilgerns zu finden ist.

👣 Mein ausführlicher Bericht vom Weg in Sachsen-Anhalt 

Wasserstraßenkreuz Magdeburg
von Stendal nach Eilsleben
Der Weg von Stendal über Magdeburg nach Eilsleben

2017: Niedersachsen

Von Magdeburg aus ging 2017 es durch die Börde in das Braunschweigische Land, um über Hildesheim in das Weserbergland zu gelangen. Die erste längere Wanderung brachten Übernachtungen in einem ersten „echten Kloster“ und in einer evangelischen Abtei. Drei UNESCO-Weltkulturerbestätte habe ich nebenbei erwandert. Höhe- und Schlusspunkt: Kloster Corvey. Zwischen Eilsleben und Braunschweig wurde „Ostfalen“ für mich greifbar: Marienborn als stiller Wallfahrtsort neben der gewaltigen DDR-Grenzanlage, der Schritt nach Niedersachsen am Lappwald – und dann Luxus pur: perfekte Pilgerbeschilderung bis Braunschweig. Räbke schenkte Herbergsglück und Mühlengeschichten, Königslutter begeisterte mit Stadtkirche und Kaiserdom, der Elm trug mich nach Veltheim in eine frisch erkämpfte Pilgerhütte – Europa im Kleinen. In Braunschweig reihten sich offene Kirchen, Dom St. Blasii, St. Ulrici-Brüdern und die Jakob-Kemenate wie eine Lehrstunde in Stadtgeschichte. Über Ottbergen und den Vorholz erreichte ich Hildesheim (UNESCO-Dom, St. Michaelis) und endlich ein lebendiges Klosterleben in Marienrode. Sturm „Xavier“, ein Gratis-Latte im Domfoyer, Alfelds Fachwerkglanz und das Fagus-Werk markierten Kontraste, bevor Amelungsborn mit Pilgerinnenrunde, Rotwein und Pizza die Seele wärmte. Durch das Weserbergland – schön, dann trist in Holzminden – führte der Weg zur Weser und hinüber nach Nordrhein-Westfalen: Corvey/Höxter. Heimat in Sicht – das Hochstift Paderborn ruft.

👣 Mein ausführlicher Bericht von Eilsleben nach Braunschweig

👣 Mein ausführlicher Bericht von Braunschweig nach Westfalen

Königslutter
Niedersachsen Jakobsweg
Der gesamte Weg in Niedersachsen von Helmstedt nach Kloster Corvey

2018: Westfalen

2018 ging es von Corvey an der Weser über meine Heimat Hochstift Paderborn in das Hochsauerland. Natur pur mit Fachwerk, Kapellen und Bergbaustollen. Von Corvey über Heiligenberg und Ovenhausen (Blaskapelle, Humor & Stempel-Mission) ging es hinein in meine Heimat: bergig, wetterlaunig, mit Fisselregen im Nethetal und Sturm auf der Egge. Kloster Brede schenkte mir Schwester-Gastfreundschaft, über Rheder, Gehrden und Dringenberg erreichte ich Bad Driburg, dann im Plädderregen auf die Iburg und weiter über Schwaney in die „Paderborn Highlands“. In Paderborn sammelte ich am Paradiesportal, im Dom und in der Busdorfkirche die Pilgerspuren meiner Kindheit, bevor der neu markierte Jakobsweg nach Elspe mich via Hillige Seele, Atteln/Husen (Familienhalt), Dalheim und das aufragende Marsberg führte. Giershagen bot Pfarrheim, Abendbrot und Gespräch, danach durch das schöne Sauerland mit Abstecher ins Bergarbeiter-Ramsbeck, barockem Remblinghausen und herzlichem Eslohe (Messe, Domschänke, Übernachtung im Jugendheim). Über Hofkapellen und Frühstück in Bremscheid erreichte ich Elspe, wo die Heidenstraße begann – Stempeljagd inklusive – und schloss die Etappe in Grevenbrück. Heimat, Klöster, offene Türen: anstrengend, beglückend – und wieder ein großes Stück näher an Santiago.

👣 Mein ausführlicher Bericht im „gebirgigten Westphalen“ Hochstift Paderborn/Hochsauerland

Die Blaskapelle von Ovenhausen
Der Jakobsweg in meiner westfälischen Heimat

2019: Bergisches Land und Kölner Bucht

vom Sauerland über das  Bergische Land und den Rhein in die Kölner Bucht. Jakobsweg durch eine Metropolregion. Von Grevenbrück führte mich die „Heidenstraße“ ins Rheinland: über Attendorn, Meinerzhagen, Marienheide, Lindlar und Bensberg bis zum Kölner Dom. Westfälische Fachwerkdörfer, Talsperren und Höhenwege begleiteten mich – dazu Fisselregen, Hagel und endlich Kölsch statt Pils. In Attendorn schenkte mir Pastor Neuser herzliche Gastfreundschaft, in Räbke und Untereschbach halfen Gemeinden spontan mit Unterkunft. Höhepunkte waren der Blick vom Schloss Bensberg auf den Dom, die Ankunft über die Deutzer Brücke und der Pilgerstempel im Hohen Dom selbst – mitten im touristischen Gewimmel. Von Köln aus begann die Via Coloniensis: durch Brühl und entlang der römischen Wasserleitung nach Weilerswist, wo Hitze, Blasen und Wassermangel die letzten Kilometer prägten. Doch mit 938 km seit Berlin und den ersten Schritten ins Rheinland war klar: die Eifel ruft als nächste große Etappe.

👣 Mein ausführlicher Bericht vom Weg durch das bergische Land über Köln hinaus

ab jetzt nur noch römisch…
Jakobsweg Köln
Durch das Bergische Land in die Kölner Bucht

2020: Eifel/Luxemburg

auf meiner „Tour Eifel“ ging es von Weilerswist in der Kölner Bucht über das luxemburgische Echternach in die alte Kaiserstadt Trier – Pilgern in der Pandemie. Von Weilerswist zog ich auf der Via Coloniensis durch die Eifel bis Trier – einsam in Corona-Zeiten, aber getragen von offener rheinisch-moselfränkischer Herzlichkeit. Haus Maria Rast, Bad Münstereifel und Blankenheim eröffneten die Hügel; Kronenburg, die Schneifel und Prüm brachten Weite – samt Spuren von Westwall und Römern. Kleine Wunder am Weg: die „Gastfreundschaft am Wege“ in Gondenbrett, Kurt Meyers Pilgergarage in Ammeldingen, der mystische Menhir „Fraubillenkreuz“ auf dem Ferschweiler Plateau. Mein „Echternacher Sprung“ führte zu Paschtouer Erasmy – ein üppiges Frühstück, tiefe Gespräche und Willibrord statt Kölsch (nun Bitburger, bald Wein). Zurück an der Sauer ging’s über Welschbillig in die Kaiserstadt: Porta Nigra, Dom, Basilika St. Matthias – und im Pilgerbüro die erste Urkunde (Kilometer nachgewiesen, Instagram inklusive). 236 weitere Kilometer, viele Stempel, wenig Mitpilger, viel Naturspiritualität: Die Eifel verabschiedete mich an der Mosel – bereit für Schengen und Lothringen.

👣 Mein ausführlicher Bericht von meinem Weg durch die Eifel nach Trier

St. Willibrord machte einen keltischen Hinkelstein zum Fraubillenkreuz

2021: Schengen/Lothringen

Von Trier aus ging es über Schengen und einen kleinen Umweg über Boust/Thionville Weilerswist immer an der Mosel lang über Metz nach Toul. Je suis arrivé en France: Von Trier der Mosel entlang, kurz nach Luxemburg (Schengen!) und dann hinein ins Grand Est – römische Spuren bei Tawern und Borg, Maginot-Linie und Cattenom-Türme im Blick. In Körrig/Merzkirchen gab’s Pfarrhaus-Schlüssel und Gartenblick bis nach Lothringen, in Rettel öffnete Sœur Hélène die Tür. Ein bewegender Umweg führte nach Boust zu den Freund:innen meines Opas – Zwangsarbeit wurde hier zur Nachkriegsfreundschaft. Über Thionville (Schuman grüßt am Hôtel de Ville) fand ich zurück auf den Jakobsweg, durch Wälder und Dörfer bis Vigy. Metz begeisterte: Kathedrallicht, Festungslinien, Reichsstadt–französische Eleganz – und seltene Pilgerstempel. Moselabwärts trugen mich Obstwiesen und Gastfreundschaft: Dieulouard (Abbé Gérard, Patrice & Sylvie), Liverdun auf der Felsenzunge, Villey-Saint-Étienne bei Anne. In Toul schließlich die stille Krönung: Turmaufstieg an Saint-Gatien und das sichere Gefühl, dass der Camino hinter Grenzen und Sprachen derselbe bleibt – nur die Tampons heißen anders.

👣 Mein ausführlicher Bericht von Lothringen nach Toul

Abstecher nach Schengen

2022: Lothringen/Champagne/Burgund

Im August 2022 ging es weiter von Toul Richtung Dijon. 2022 war mein erstes Pilgerjahr nach der Pandemie – heiß, improvisiert und überraschend herzlich: Von Toul über Lothringen und die Süd-Champagne bis an den Rand Burgunds ging es bei bis zu 40 °C durch eine wunderschöne, zugleich arme Region mit wenig Pilgerinfrastruktur, dafür mit viel Menschlichkeit. Wasser war das große Thema: drei Liter täglich in der Blase, Rettung oft an Mairies, Friedhöfen und Brunnen – das Nestlé-Quellland um Vittel/Contrex half. Spirituell prägte mich hier weniger der Jakobus als Jeanne d’Arc: von Domrémy über Bermont bis zur neogotischen Basilika – überall die Jungfrau statt Pilgerstempel. Übernachten hieß organisieren: Airbnbs, Camping, Gemeindesäle, einmal sogar ein ganzes Pfarrzentrum; dafür Begegnungen satt – Pascale & Christophe in Chalaines, Clair in Lamarche (ein Traum von einem alten Adelshaus), niederländische und belgische Gastgeber:innen, die vergessene Höfe neu beleben, Eelco & Henriëtte auf der Ferme Adrien. Landschaftlich wechselten sich karstige Hochflächen, kühle Buchenwälder und lange Römergeraden ab; Highlights waren Neufchâteau, die Festungsstadt Langres (Pilgerherberge, Diderot-Glanz, Via Francigena-Begegnungen), der 40-km-Königstag nach Auberive samt Alternativ-Camping und das majestätische Grancey-le-Château. Am Ende zog mich Unterkunftsnot unfreiwillig nach Dijon, wo ich mit Kathedral-Stempel, Palais-Ducal und einem bewegenden Wiedersehen mit einer aus Mariupol geflohenen Bekannten meinen Etappenabschluss feierte. Bilanz: 1 684 km seit Berlin, ab hier fließen die Flüsse ins Mittelmeer – und Burgund wartet.

👣 Mein ausführlicher Bericht von Toul nach Il-sur-Till

Grand Est

2023: Burgund

2023 führte mich mein #berndscamino nach Ostern von Is-sur-Tille bei Dijon bis nach Cluny durch eine der schönsten Wein- und Klosterregionen Frankreichs. In Dijon, dem Geburtsort des hl. Bernhard, erlebte ich in Fontaine-lès-Dijon die herzliche Hospitalité der „Petites servantes des pauvres“, bevor ich in Cîteaux zwei Tage ins Trappistenleben eintauchte: Stundengebete, Schweigemahl, Gespräche mit Frère Bernard und der legendäre Käse. Durch die Climats de Bourgogne wanderte ich bei Regen und Sonne zwischen Grands Crus nach Beaune mit dem Hôtel-Dieu und weiter nach Fontaines, wo ich in einer Pilgerherberge Wadim traf, der seit Polen unterwegs war. Hügelige Hochflächen lösten die Weinberge ab, in Chenôves erlebte ich burgundische Küche bei Marie & Yves, in Taizé schließlich einen lichtvollen Ruhetag voller Gesänge und Ökumene. Im Platzregen erreichte ich Cluny mit seinen Abteiruinen, Symbol von Reformgeist und Pilgergeschichte. Am Ende dieser Etappe stand ich bei 1.903 km seit Berlin – Halbzeit auf meinem Camino, noch 1.799 km bis Santiago.

👣 Mein ausführlicher Bericht von Il-sur-Till nach Cluny  

2023: Rhône-Alpes

Im Herbst 2023 bekam ich noch einmal Lust auf meinen Camino. Es ging natürlich von Cluny aus weiter, diesmal an die Loire in die Nähe von Saint-Étienne. 2023 führte mich #berndscamino 240 km von Cluny über die grünen Berge der Rhône-Alpes bis ins Loire-Tal – erstaunliche 4.400 Höhenmeter rauf und runter, kaum Tourismus, dafür die wohl freundlichste Region Frankreichs. Zwischen Ruinenpracht in Cluny, einsamen Mischwaldkämmen und parkartigen Hochflächen traf ich selten Pilger, aber viele großartige Gastgeber:innen: kommunale Gîtes mit EU-WLAN, private Zimmer über der Weinlage, Donativo-Herzen und – als Kontrastprogramm – die marianischen Schwestern von Mars mit üppiger Tafel und Komplet. Unterwegs: Bastidenreste, Zisterzienser-Echos (La Bénisson-Dieu), Napoleon am Col des Écharmeaux, bunte Dörfer wie Charlieu und Saint-Haon-le-Châtel, die ersten Reben der Côte Roannaise samt spontaner Weinschule auf der Domaine de la Rochette. Ich feierte meinen 2.000-km-Meilenstein bei Saint-Haon-le-Châtel, zählte Kühe, Schafe, Pferde und Hunde in Hülle und Fülle, holte Stempel eher in Mairies, Lädchen und sogar im Carrefour als in Kirchen, und lernte wieder: Paris finanziert, die Provinz lebt – herzlich, praktisch, offen. Zum Schluss trug mich der Weg über Prioreien auf Vulkanhügeln (Montverdun), durch flache Loiretäler und stille Landstraßen nach Saint-Georges-Haute-Ville – mit einem Abstecher zu Isabelle nach Saint-Étienne. Bilanz: 2.092 km seit Berlin, viel (Wein-)Seligkeit, wenige, aber feine spirituelle Momente – vermutlich die letzte größere Solo-Etappe, bevor die Via Podiensis voller wird.

👣 Mein ausführlicher Bericht von Cluny nach Saint-Georges-Haute-Ville

Montverdun

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2024: Rhône-Alpes/Okzitanien

von Saint-Étienne aus ging es durch das Zentralmassiv nach Okzitanien durch wilde spirituelle Landschaften. 2024 legte ich auf meinem #berndscamino weitere 300 Kilometer zurück und kam so auf insgesamt 2.372 Kilometer seit Berlin. Von Saint-Étienne führte mich der wenig begangene Chemin des Allemands zunächst mit viel Improvisation und privater Gastfreundschaft bis nach Le Puy-en-Velay. Dort markierte die feierlich-theatralische Pilgermesse in der Kathedrale den symbolischen Neubeginn auf der Via Podiensis – und zum ersten Mal seit Langem war ich nicht mehr allein unterwegs. Über die einsamen Plateaus der Margeride und durch die weiten Vulkan- und Weidelandschaften des Aubrac ging es weiter: Highlands-Atmosphäre, Regenbögen, romanische Dorfkirchen und die touristisch ausgeschlachtete Legende der Bestie von Gévaudan wechselten sich ab. Besonders prägend waren die Begegnungen mit Mitpilger:innen wie Anne-Cécile und Myriam, die Gespräche über Gott, Politik und das Leben, sowie die herzliche Gastfreundschaft einfacher Unterkünfte und Gîtes. Nach zwölf Tagen erreichte ich Conques – eine der schönsten Pilgerstationen Frankreichs, wo die Abbatiale Sainte-Foy mit ihrer Messe und einem gemeinsamen Pilgeressen den würdigen Abschluss dieser Etappe bildete. Kurz vor Allerheiligen war das Dorf fast ausgestorben, die Spiritualität dafür umso eindringlicher. Mit einem surrealen Nachtzug nach Paris endete meine Reise, die mir erneut zeigte, wie inspirierend Natur, Kultur und Gemeinschaft auf diesem Weg ineinandergreifen.

👣 Mein ausführlicher Bericht von Saint-Georges-Haute-Ville nach Conques

Am Ende von Aubrac

2025: Okzitanien/Toulouse

Von Conques aus ging es auf einem Nebenweg nach Toulouse. 2025 nahm ich auf #berndscamino bewusst die stille Liaison von Conques nach Toulouse – 230 km abseits der Via Podiensis, mit viel Improvisation, privater Gastfreundschaft und nur einer einzigen Mitpilgerin: Laura. Conques setzte mit Mönchsgesang, Pilgersegen und Mittelalterzauber den Ton; danach wurde es Frankreich jenseits der Postkarte: Kohle- und Kurorte im Wandel (Cransac), ehrenamtliche Denkmalpflege mit Fledermaus-Begleitung in Peyrusse-le-Roc, Parklandschaften mit Caselles, Bastidenlogik in Villefranche-de-Rouergue, der Höhenrücken von Najac, dann die Kunst- und Weinwelt rund um Cordes-sur-Ciel, Gaillac und die ersten Pigeonniers. Ich lebte von Mairies, Küchen­tischen und Donativo-Zimmern: Kochabende im Garten, Gespräche über Okzitanien, Politik und Europa – ein Camino der Menschen. Vor Rabastens öffnete sich die Geschichte bis in die Gegenwart; kurz vor Toulouse stand ich an einem Résistance-Mahnmal im Wald von Reulle. Die Annäherung an die Métropole war städtisch, verwinkelt, gelegentlich von Dornengestrüpp und Komoot-Irrwegen gebremst – und endete doch groß: Einzug in die Ziegelstadt, Saint-Sernin, Pilgerstempel am Jakobustag, Coquilles Saint-Jacques zum Finale. 2.611 km seit Berlin, ein Nebenweg voll Kern: mittelalterliche Städte, stille Täler, gelebte Gastfreundschaft – und das Gefühl, dass Paris weit weg sein darf, wenn Toulouse ganz nah ist. Nächstes Ziel: die Pyrenäen.

👣 Mein ausführlicher Bericht von Conques nach Toulouse

Meine weiteren Schritte

(Planung bei Komoot):

  • Toulouse-Lourdes
  • Aquitanien
  • Navarra
  • La Rioja
  • Kastilien-Léon
  • Galizen

Mehr Überblick